Ernst Reuter

Wer ist eigentlich Bürgermeister Ernst Reuter?

Berliner und Berlinerinnen können diese Frage natürlich beantworten. Sie kennen Ernst Reuter, der Berlin sowohl vor als auch nach dem Zweiten Weltkrieg entscheidend prägte, und der aus der Geschichte Berlins nicht wegzudenken ist. Auch Reuters Verdienste um die demokratische Entwicklung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg sind Teil deutscher Zeitgeschichte.

Doch Ernst Reuter ist nicht nur Geschichte. Bis heute ist sein Wirken für alle spürbar, ob sie in Berlin leben oder zu Besuch sind. Zum Beispiel, wenn sie den öffentlichen Nahverkehr der BVG benutzen …

Unabhängiger Denker

Auch wenn Reuters Biografie mit dem Abstand der Jahre durchaus als wechselhaft beschrieben werden kann, eine Charaktereigenschaft war stets fest verankert: Unabhängigkeit als Person und im Denken. So klammerte er sich nicht dogmatisch an Grundsätze, ohne sie zu hinterfragen. Er hinterfragte sogar die Demokratie selbst, kehrte ihr kurzzeitig den Rücken, um sich ihr später von anderer Seite umso stärker wieder anzunehmen und für sie einzutreten.

Verfechter von Freiheit und Demokratie

Es gab wohl nichts, was Ernst Reuter wichtiger gewesen wäre als der Kampf um Freiheit und Demokratie. Dafür verfasste er Antikriegsschriften. Dafür brach er später mit dem Kommunismus. Dafür kam er 1933 ins Konzentrationslager. Dafür musste er ins Exil in die Türkei fliehen. Dafür sprach er als Oberbürgermeister Berlins nach dem Zweiten Weltkrieg auch klare Worte mit den Siegermächten. Wenn es um Freiheit und Demokratie ging, war Reuter bereit, sich mit allen anzulegen.

Vorreiter urbaner Mobilität


Von 1926 bis 1931 war Ernst Reuter als Mitglied des Berliner Magistrats zuständig für Verkehr. Einheitsfahrschein, die Initiative zur Gründung der Berliner Verkehrsbetriebe und der Ausbau des U-Bahn-Netzes … all diese Annehmlichkeiten sind zu guten Teilen auf Reuter zurückzuführen, Annehmlichkeiten, ohne die der Alltag in einer Großstadt nicht funktioniert. Heute würde man ihn vermutlich als Wegbereiter einer nachhaltigen, mensch-orientierten Form urbaner Mobilität bezeichnen.

Bekämpfer von Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot

Kurz bevor 1933 das dunkelste Kapitel in der deutschen Geschichte begann, ging er als Oberbürgermeister von Magdeburg Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot an. Unter anderem mit der Schaffung von Selbsthilfesiedlungen für Erwerbslose. Ein Thema, das auch heute noch hochaktuell ist.

Weltoffener Pragmatiker

In Russland lernte Reuter russisch, später, im türkischen Exil, eben türkisch. In beiden Fällen suchte er nach Möglichkeiten, zum Wohl der Menschen tätig zu werden. Als Volkskommissar in der Wolgadeutschen Republik verbesserte er die Situation der Kriegsgefangenen und versuchte, in das Chaos des russischen Bürgerkriegs Stabilität zu bringen. In der Türkei arbeitete er als Professor für Stadtentwicklung.

Bürgermeister für Berlin

1947 wurde Ernst Reuter zum Oberbürgermeister von Berlin gewählt, und 1948 trotz der Weigerung der Sowjetunion, die Wahl anzuerkennen, schließlich Oberbürgermeister der drei Westsektoren (West-Berlin). Nach dem Inkrafttreten der neuen Berliner Landesverfassung wurde Reuter erneut gewählt, zum ersten Regierenden Bürgermeister Berlins. Dass er so beliebt war, lag unter anderem daran, dass er im Sinne Berlins auch den Siegermächten die Stirn bot, wenn es sein musste. Während der Blockade Berlins durch die Sowjetunion (1948/1949) wurde Ernst Reuter zur „Lichtgestalt“ des Berliner Durchhaltewillens. Vor der Ruine des Reichstagsgebäudes appellierte er eindringlich an die Weltgemeinschaft, West-Berlin nicht fallen zu lassen:

„Ihr Völker der Welt (…)! Schaut auf diese Stadt und erkennt, dass ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben dürft und nicht preisgeben könnt!“